heimisch 03/2022
FÜNF WICHTIGE STELLSCHRAUBEN FÜR
Welche Möglichkeiten stehen dir zur Verfügung, um energieoptimiert und klimagerecht zu bauen bzw. dein Bestandsgebäude zu sanieren? Die Energieagentur Ebersberg-München gGmbH rät zu fünf Handlungsfeldern: Dämmung, natürliche Materialien, Heizungsaustausch oder -optimierung und vor allem Suffizienz – die Konzentration auf das Wesentliche.
Für die meisten Menschen ist die Investition in ein Eigenheim die größte Investition im Leben. Das Gebäude soll nicht nur Wohnraum geben, sondern Heimat sein und Geborgenheit für die Familie bieten – ein Leben lang. Auch soll der Wert des Gebäudes über die Jahrzehnte erhalten bleiben, sich möglichst sogar steigern: für die Kinder, die Rente oder schlicht als Geldanlage.
Ein solches zukunftsfähiges Gebäude erhältst du heute – angesichts von Klimawandel und Energiekrise – nur, wenn du dein Haus energetisch rundum optimierst. Vor allem dem Thema Heizen solltest du Aufmerksamkeit schenken, denn: Heizwärme macht mehr als zwei Drittel des durchschnittlichen privaten Energieverbrauchs aus. Hier lässt sich also besonders gut sparen.
Was bedeutet das nun konkret? Welche Möglichkeiten stehen dir zur Verfügung, um energie- und klimaschonend zu bauen, zu sanieren, zu leben?
1. Mit guter Dämmung gegen Kälte wie Hitze schützen
Investiere in eine gute Wärmedämmung. Davon profitiert die Haushaltskasse auf Dauer enorm, da sich die Investitionen durch geringere Energiekosten rechnen.
Wärmedämmung
• reduziert den Heizbedarf und spart viel Energie und Geld
• steigert den Wohnkomfort
• verhindert Schimmelbildung und Bauschäden
• bietet sommerlichen Hitzeschutz
• verbessert v. a. bei Altbauten deutlich die Energieeffizienz
Bei Neubauten ist in den meisten Fällen der KfW-Standard Effizienzhaus 40 EE zu empfehlen; bei Sanierungen können auch ein Effizienzhaus 55 oder Neubaustandard zielführend sein. Wer die Komplettsanierung scheut, kann sein Haus Schritt für Schritt aufwerten. Sinnvolle Erstmaßnahmen, die du teils auch in Eigenregie durchführen kannst, sind die Dämmung der Kellerdecke und der obersten Geschossdecke bzw. des Dachs.
Langfristig solltest du dir als Ziel setzen, alle Flächen der Gebäudehülle zu dämmen und Wärmebrücken (z. B. Undichtigkeiten, auskragende Betonplatten wie Balkone) zu beseitigen. Lass dich hier am besten von einem/r EnergieberaterIn beraten, auch um Bauschäden zu vermeiden. Diese*r erstellt dir einen individuellen Sanierungsfahrplan, der alle Maßnahmen aufeinander abstimmt. So nutzt du Synergieeffekte und kannst ggf. Fördergelder erhalten.
Gutes Lüften ist bei gedämmten Gebäuden ein Muss
Energieoptimierte Häuser und Wohnungen sind relativ luftdicht und haben dadurch einen geringeren Wärmebedarf. Dennoch ist der Luftaustausch wichtig – für unsere Gesundheit und um Schimmel zu vermeiden. Lüfte mindestens fünf Mal am Tag. Damit in der kalten Jahreszeit nicht zu viel Wärme verloren geht, ist Querlüften für etwa fünf Minuten optimal.
Willst du in Sachen Frischluft und Schimmelvermeidung auf Nummer sicher gehen, kannst du eine Lüftungsanlage einbauen. Sie versorgt Räume mit Frischluft, führt verbrauchte Luft nach draußen ab und gewinnt dabei, dank Wärmerückgewinnung, bis zu 90 % der Wärme zurück. Das spart zusätzlich Heizkosten.
2. Mit den richtigen Baumaterialien die Wohn-qualität verbessern
Natürliche Baustoffe wirken sich positiv auf das Wohnklima aus und helfen, Energiekosten zu sparen. Bau- wie Dämmstoffe sollten deshalb folgende Kriterien erfüllen:
• geringer Energiebedarf bei Herstellung und
Verarbeitung
• hohe Umweltverträglichkeit
• keine gesundheitsschädlichen Eigenschaften
• umweltschonender Einsatz, Wiederverwendung bzw. Recycling
Zu empfehlen sind organische Baustoffe wie Holz sowie Naturdämmstoffe (z. B. Zellulose oder Holzfaser) oder Mineralschaum-/Mineralfaserdämmstoffe. Achte auf schadstoffarme, lösemittelarme/-freie, nicht sensibilisierend wirkende und geruchsneutrale Produkte. Überprüfe, dass das verwendete Holz FSC- oder PEFC-zertifiziert und aus regionaler Herkunft ist.
Bei Neubauten rät die Energieagentur zur Holzbauweise. Damit lässt sich nicht nur Energie beim Bau selbst sparen, es fällt auch leichter, das Gebäude in hohem Dämmstandard zu errichten.
3. Mit erneuerbaren Energien günstig heizen
Mittelfristig werden in Deutschland alle Heizungen in Wohngebäuden mit erneuerbaren Energien betrieben. Ausnahmen sind nur für wenige Gebäude zu erwarten, z. B. im Denkmalschutz. Welche Heiztechnologie für dein Haus am besten geeignet ist, hängt von den individuellen Bedingungen ab:
Wärmepumpe
Im Neubau und in gut sanierten Gebäuden ist der Einsatz von Wärmepumpen sinnvoll. Um diese effizient betreiben zu können, solltest du über ein Heizsystem mit niedrigen Vorlauftemperaturen verfügen, z. B. eine Fußbodenheizung oder Niedertemperaturheizkörper. Da Wärmepumpen neben der Umweltwärme Strom zur Wärmegewinnung nutzen, ist die Kombination mit einer Photovoltaikanlage ideal.
Bei älteren, schlecht gedämmten Gebäuden ohne Flächenheizung sind Wärmepumpen weniger ratsam. Hier wird häufig auf Pelletkessel zurückgegriffen, die auch hohe Temperaturen erneuerbar und effizient bereitstellen können. Ähnlich wie früher Ölkessel benötigen Pelletkessel aber ein Brennstofflager sowie einen Wärmespeicher, wofür der Platz vorhanden sein muss.
Solarthermie
Die Sonne als Energiequelle ist unerschöpflich. Eine solarthermische Anlage läuft emissionsfrei und kann selbst im Winter bei sonnigem Wetter einen Beitrag leisten. Solarthermie ist fast immer eine ergänzende Heiztechnik. Nur in speziell darauf ausgelegten Sonnenhäusern kann sie den Energiebedarf vollständig decken.
Nah- oder Fernwärme
Immer mehr Kommunen bieten Nah- und Fernwärmelösungen an, häufig bereits mit erneuerbarer Wärme. Ein solcher Wärmenetzanschluss ist meist sehr attraktiv, auch weil im eigenen Gebäude nur noch eine Wärmeübergabestation notwendig ist. Das spart Platz und Nerven, denn der größte Teil an Wartungen, Störungen und Umrüstungsbedarf ist an den Wärmenetzbetreiber ausgelagert.
4. Die vorhandene Heizung optimieren
Kommt ein Heizungstausch (noch) nicht infrage, ist es besonders wichtig, den Heizbetrieb zu optimieren: Prüfe regelmäßig alle Einstellungen, um Veränderungen der Umwelt und in deinem Nutzerverhalten Rechnung zu tragen. Dies betrifft z. B. den Zeitraum der Nachtabsenkung oder die Außentemperaturregelung.
Stelle vor allem die Heizkurve auf das tatsächlich benötigte Temperaturniveau im Gebäude ein. Wichtig ist zudem der hydraulische Abgleich des Systems durch eine Heizungsbaufirma, vor allem, wenn einzelne Räume im Winter nicht warm werden, während andere überhitzen. Und wer eine alte Heizung hat, sollte außerdem wissen: Der Einbau einer hocheffizienten gegendruckgeregelten Umwälzpumpe bedeutet wenig Aufwand und rechnet sich in Kürze.
5. Auf die wesentlichen Bedürfnisse konzentrieren
Bei alledem sollte jedoch ein weiterer wichtiger Teil der Energiewende nicht vergessen werden: die Konzentration auf das Wesentliche. Der Fachbegriff hierfür lautet: Suffizienz. Gemeint ist, dass wir Energie auch durch Änderungen in unserem Verhalten einsparen.
Ein Beispiel ist flächensparendes Wohnen: Gerade im Großraum München kostet Wohnraum viel Geld – und Energie natürlich auch, sowohl für die Errichtung des Gebäudes wie auch dauerhaft fürs Beheizen. Wer z. B. zu zweit in einem großen Haus lebt, nachdem die Kinder ausgezogen sind, sollte darüber nachdenken, den nicht benötigten Wohnraum zu vermieten oder gar das Haus gegen eine Wohnung auszutauschen und vom Erlös z. B. die Rente aufzubessern.
Grundsätzlich sind kompakte Bauformen zu empfehlen. Ausbuchtungen wie Erker oder Gauben gilt es zu vermeiden; Mehrparteienhäuser, Doppel- und Reihenhäuser sind energetisch günstiger als freistehende Gebäude. Das Ziel dabei ist klar: Die Gebäudehülle, die für Wärmeverluste sorgt, soll im Verhältnis zum Gebäudevolumen möglichst klein gehalten werden.
Wichtige Leitfragen für suffizientes Bauen sind: Was wird wirklich benötigt? Können bestehende Gebäude/Räume verwendet oder umgenutzt werden? Denn aus energetischer Sicht ist die Sanierung und damit Weiternutzung eines Gebäudes stets dem Neubau vorzuziehen. Und welche voraussichtlichen Anforderungen der Zukunft (z. B. Barrierefreiheit, Versorgungsschächte, Leerrohre) können bereits heute Berücksichtigung finden?
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